Der torlose Storchenturm, einst als „Hexenturm“ berüchtigt, war etwa 23 m hoch und befand sich im Südwesten der Stadt. Die Stadtmauer bildete an dieser Stelle eine Ecke – daher auch der Name „Eckstraße“. Seine beiden Namen verdankt er zum einen einem Storchennest, das er ursprünglich beherbergte, zum anderen dem Umstand, dass in ihm die in den Hexenprozessen angeklagten Frauen inhaftiert gewesen sein sollen. Der Turm wurde 1822 abgebrochen.
Im Mittelalter, vor allem aber in der frühen Neuzeit bis ins 18. Jahrhundert fielen den Hexenverfolgungen europaweit etwa 100.000 Menschen zum Opfer. Kirche und Justiz schufen durch Inquisition und Strafrecht die Voraussetzungen für die massenhafte Verfolgung missliebiger oder unangepasster Menschen. Auch in Saulgau fanden, wie in vielen anderen Städten, Hexenprozesse statt, wobei es in 29 Fällen zu einer Hinrichtung kam. Die überwiegende Mehrzahl dieser Prozesse fand im 17. Jahrhundert statt – in Saulgau waren nur Frauen unter den Opfern. Ihnen zum Gedenken wurde im Jahr 2017 bei der St. Antoniuskirche eine Gedenktafel errichtet.